Gesunde Städte brauchen einen gesunden Kern
Damit Kassel noch mehr zu einer Stadt mit hoher Lebensqualität wird, müssen die Menschen mit ihren vielfältigen Bedürfnissen in den Mittelpunkt gestellt werden. Trotz mancher Anstrengung bleibt ein Problem ungelöst: Der motorisierte Verkehr belastet die Innenstadt weiterhin enorm – durch Lärm, Schadstoffe und Flächenverbrauch.
Als eine Maßnahme zur Verbesserung der Kasseler Situation sieht Greenpeace den Radentscheid Kassel: Er verfolgt das Ziel „Vorfahrt für Fußgänger und Radfahrer“.
Wer Fahrrad fährt, verursacht keine Stickoxide, keinen Feinstaub und (fast) kein CO2. Zudem wird kaum Raum verbraucht. Was würde besser zu den beengten Platzverhältnissen in der Stadt passen? Der nicht motorisierte individuelle Verkehr muss die Nummer eins in Deutschlands Innenstädten werden. Konkret sollten mindestens 60% der Wege in der Innenstadt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden – das ist das Ziel, das sich die Kommune setzen muss, um im Kern gesund zu werden. Allerdings muss die Infrastruktur für das Radfahren und zu Fuß gehen deutlich attraktiver werden, damit diese alternativen Verkehrsmittel wieder zur komfortablen Selbstverständlichkeit werden.
Fahrradfahren macht nicht nur Spaß und baut Stress ab, sondern erspart dem Klima mit jedem Kilometer, der auf diese Weise nicht mit dem Auto zurückgelegt wird, rund 140 Gramm CO2 – und der Stadt eine Menge Kosten. Zum einen sind Bau und Erhalt der Infrastruktur für Fußgänger und Radfahrer günstig. Zum anderen bedeuten weniger Stau, Unfälle und Luftverschmutzung auch weniger Kosten für Kassel. Und weil zu Fuß gehen und Radfahren platzsparend sind, wird Raum für Grünflächen, Cafés und spielende Kinder geschaffen – Platz für das öffentliche Leben. Fahrradfahrer und Fußgänger sollten grundsätzlich Vorrang vor jeglichem motorisierten Verkehr in der Innenstadt haben – ob an Kreuzungen, im Straßenraum oder bei Investitionen. Besonders beim Radverkehr muss deutlich mehr investiert werden.
Greenpeace Kassel unterstützt deswegen die konkreten Forderungen des Radentscheids. Mit diesen soll u.a. sicher gestellt werden, dass jährlich mehr Radwege an Hauptverkehrsstraßen entstehen. Auch die Nebenstraßen müssen zügig zu einem komfortablen Radwegenetz umgestaltet werden. Die vom Radentscheid geforderten sicheren Kreuzungen sollten ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein. Und natürlich brauchen Fahrradfahrende auch ausreichende Abstellmöglichkeiten.
Fuß- und Radwege dürfen nicht mehr als „Resträume“ geplant werden, sondern müssen funktional und gestalterisch zum Zufußgehen und Radfahren einladenl. Hierfür muss sich die Verkehrspolitik der Stadt drehen: Statt vom Auto aus zu planen und anschließend zu prüfen, welcher Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer noch übrig bleibt, müssen die Verkehrsformen im Vordergrund stehen und Vorfahrt haben, die Luft- und Lebensqualität und dem Finanzhaushalt der Stadt zu Gute kommen. D.h. Straßen müssen von außen nach innen geplant werden: Zuerst müssen Fußgänger und Radfahrer genügend Raum haben, die Anzahl der verbleibenden Autospuren richtet sich dann nach der Breite des verbleibenden Raums – und nicht danach, wie viel Platz die Autos in Spitzenzeiten maximal brauchen.
Text: Anne und Arndt Jacobi
21.781 Kasselerinnen und Kasseler fordern ein klimafreundlicheres Kassel ►Radentscheid Kassel
Aktuell: Das Bürgerbegehren zur Förderung des Radverkehrs bewertet die Stadt Kassel als rechtlich unzulässig.